SELTENE SIND NICHT SELTEN

change4RARE-Lösungskonzept: Datennutzung

Verbesserte Datennutzung durch Empowerment von Ärzt:innen und Patient:innen

Ein Interview mit Frederick Richter

Die Nutzung der gegenwärtig vorhandenen Daten schöpft das Potenzial für Diagnostik, Therapie und Versorgung nicht aus, und auch das Verständnis über die in der Datennutzung liegenden Möglichkeiten zur Forschung ist begrenzt. Dies zeigt sich in unvollständigen Diagnosen-Kodierungen bei über der Hälfte der Patient:innen mit seltenen Erkrankungen und fehlenden zugelassenen Therapien für mehr als 90% dieser Erkrankungen.

change4RARE schlägt in diesem Kontext eine verbesserte Datennutzung durch Empowerment von Ärzt:innen und Patient:innen vor. Ärzt:innen und Patient:innen sollen dazu motiviert werden, die Rechtsfigur des Broad Consent vermehrt einzusetzen, um wissenschaftliche Forschung auch dort zu ermöglichen, wo Festlegungen zum konkreten Forschungsgegenstand, wie zum Beispiel bei seltenen Erkrankungen, im Voraus noch nicht möglich sind.

Darüber diskutieren wir mit Frederick Richter. Er ist Rechtsanwalt und Vorstand der Stiftung Datenschutz sowie u.a. Mitglied der IAPP, der International Association of Privacy Professionals, sowie des Beirats im Projekt ABiDa – Assessing Big Data an der Universität Münster.

„Mit dem Broad Consent eröffnen wir einen breiteren Datennutzungsspielraum und legalisieren womöglich ganze Forschungsprojekte mit einer Einwilligung einzelner Patient:innen.“

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Kernbotschaften

aus dem Interview mit
Frederick Richter

Einwilligungsbasiertes Rechtssystem

In Deutschland beruht die Nutzung von Gesundheitsdaten auf einer aktiven Einwilligung der Patient:innen. Für eine erfolgreiche Datennutzung sind sowohl Akzeptanz der Ziele als auch Vertrauen in den Datenverarbeitungsprozess entscheidend.

Rolle des Broad Consent

Obwohl der Broad Consent als forschungsfreundliches Instrument der DSGVO gilt, wird er derzeit nicht ausreichend genutzt. Er erlaubt eine breite Zustimmung zur Datennutzung für bestimmte Forschungszwecke, beispielsweise die Erforschung seltener Krankheiten, und kann so umfangreiche Forschungsprojekte mit nur einer Zustimmung seitens der Patient:innen ermöglichen.

Aufklärung zur Reduzierung von Unsicherheiten

Um den Broad Consent vollumfänglich zu nutzen, müssen Unsicherheiten durch fehlende Rechtsprechungen minimiert werden. Dies erfordert gezielte Aufklärung über das Instrument und seine Ziele, sowohl allgemein als auch im direkten Gespräch mit den Patient:innen.

Quantitative und qualitative Komponenten der Datennutzung

Ein erhöhter Erkenntnisgewinn in der Forschung mit Daten setzt sowohl eine größere Datenmenge (quantitativ) als auch eine verbesserte Datenauswertung (qualitativ) voraus. Bei der Nutzung anonymisierter Gesundheitsdaten ist das Gleichgewicht zwischen Anonymität und Datenwertigkeit zu wahren.

Komplexität des Datenschutzes

Neue Datenschutzinstrumente wie der Broad Consent bringen Unsicherheiten mit sich. Hinzu kommt, dass Deutschland über eine föderale Datenschutzaufsicht verfügt, welche die Durchführung bundeslandübergreifender Forschungsprojekte erschwert. Die Möglichkeit des Widerrufs von Einwilligungen stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Daher ist beim Einholen der Zustimmung der Patient:innen eine starke Vertrauensbildung wichtig.

Umsetzung des Broad Consent

change4RARE setzt sich für die Nutzung des Broad Consent der Medizininformatik-Initiative ein, da dieser mit den deutschen Datenschutzbehörden abgestimmt ist. Um diesen flächendeckend einzusetzen, müssen wir jedoch Vertrauen bei den Ärzt:innen schaffen. Dafür könnte eine konkrete Handreichung für Ärzt:innen erstellt werden.