CARE – zwischen Anspruch und Realität
Aus der Perspektive der Innovation
Wie bringen wir vermehrt Innovationen in die Versorgung?
Ein Interview mit PD Dr. Karin Berger-Thürmel
PD Dr. Karin Berger-Thürmel ist leitende Wissenschaftlerin am Universitätsklinikum (Abteilung Onkologie / Hämatologie) und am Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Sie ist Leiterin der Arbeitsgruppe Outcomes Research, Health Economics and Access. Gemeinsam mit Karin Berger-Thürmel wollen wir uns der Frage widmen, wie wir vermehrt Innovationen in die Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten bringen können.
„Eine optimale Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten kann nur gemeinschaftlich erfolgen. Dafür müssen Anreize geschaffen werden.“
Ärzte der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) beteiligen sich an einem Vorhaben namens „TARGET“. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die AOK Bayern und der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen sind Partner. „TARGET“ steht für „Transsektorales personalisiertes Versorgungskonzept für Patienten mit seltenen und fortgeschrittenen Krebserkrankungen“. Im Zentrum des vierjährigen Projektes steht der Aufbau eines Netzwerks zwischen der universitären Versorgung und den niedergelassenen Fachärzten für Hämatologie/Onkologie in Südbayern. Dieses Netzwerk soll Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um die Kommunikation, Diagnose, Behandlung und Nachsorge zu verbessern. Beispiele dafür sind
> Austausch behandlungsrelevanter Informationen,
> gemeinsame Tumorboards,
> Shared-Decision-Making,
> sychoonkologische Unterstützung.
Kernbotschaften
aus dem Interview mit
PD Dr. Karin Berger-Thürmel
Daten als Unterstützung
Unter den Terminus „Seltene Erkrankungen“ fällt eine große Vielfalt an Krankheiten, welche mit unterschiedlichen Qualitätsanforderungen, Bedürfnissen sowie individuellen Therapieanforderungen und damit auch unterschiedlichen Lücken in der Gesundheitsversorgung einhergehen. Dies erklärt die besondere Bedeutung einer Datenerhebung aus der Routineversorgung, um die Lücken spezifischer zu beschreiben und Lösungen zu entwickeln.
Lücken für alle seltenen Krankheiten
Es lassen sich grundlegende übergreifende Versorgungslücken für Patienten mit seltenen Krankheiten ableiten, da deren optimale Versorgung eine besondere Expertise voraussetzt:
- fehlender Zugang der Patienten in der Peripherie zu den Spitzenzentren und deren Expertise.
- fehlende Optionen zur Teilnahme an klinischen Studien.
- Brüche in der Kommunikation zwischen Spitzenzentren und niedergelassenen Ärzten.
TARGET: Modell zur Minimierung von Versorgungslücken
Die Verbesserung der Versorgung im Modellvorhaben TARGET besteht aus unterschiedlichen Maßnahmen:
Koordinationsplattform: Etablierung direkter Ansprechpartner für niedergelassene Ärzte, um Patienten vorzustellen und die weitere Behandlung im Spitzenzentrum zu evaluieren.
Fallmanager: Patientenzentrierung durch die Einbindung persönlicher Onko-Lotsen zur Unterstützung bei Terminvereinbarung, Rückfragen und Kontaktherstellung zu Selbsthilfegruppen.
Patienten App: Plattform zur systematischen Erfassung von Nebenwirkungen und als Kommunikationskanal zwischen Lotsen und Patient.
Einbindung niedergelassener Ärzte: Teilnahme heimatgebundener Ärzte am Tumorboard inkl. Sondervergütung dieser Leistung.
Anreize zur Verbesserung der Versorgung
Digitalisierung muss als ein zentrales Thema zur Verbesserung der Versorgung intensiviert werden. Zudem müssen sektorale Grenzen aufgehoben werden, denn eine optimale Versorgung für Patienten mit seltenen Krankheiten muss gemeinschaftlich erfolgen. Hierfür müssen Anreize entwickelt und umgesetzt werden.