CARE – zwischen Anspruch und Realität

Aus der
Perspektive des Gesundheitssystems

Passt das Gesundheitssystem noch zu den Anforderungen an die Behandlungen seltener Krankheiten?

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dr. Christian Dierks

Prof. Dr. Dr. Christian Dierks ist Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht, Facharzt für Allgemeinmedizin und Professor für Gesundheitssystemforschung an der Charité Berlin. In dem change4RARE-Beitrag wirft er einen juristischen Blick auf das Gesundheitssystem zum Thema „CARE – zwischen Anspruch und Realität“ bei der Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten. Christian Dierks lässt sich dabei von der Frage leiten, ob das Gesundheitssystem noch zu den Anforderungen an die Behandlung seltener Krankheiten passt und formuliert einen klaren Handlungsbedarf:

„Es wird ein holistisches Konzept benötigt, das nicht nur die Verordnung der Arzneimittel beinhaltet, sondern auch die Koordination aller Leistungen, die an dem Patienten erbracht werden sollen.“

Wir haben in den vergangenen Jahren viel dafür getan, dass die Versorgung der Patienten mit chronischen Krankheiten, insbesondere mit den großen Volksleiden koronare Herzerkrankung, Asthma und den häufigen Krebserkrankungen, besser strukturiert wird. Früherkennung, Stufendiagnostik, Disease Management Programme (DMP) und sektorübergreifende Versorgung sind systematisch ausgebaut worden. Demgegenüber ist die Versorgung der Patienten mit seltenen Erkrankungen bislang kaum beachtet worden. Es dauert lange, bis diese Patienten ein Zentrum identifiziert haben, das sich mit ihrer Erkrankung auskennt und ein therapeutisches Konzept anbietet. Von einer flächendeckenden Versorgung sind wir hier weit entfernt. Es gilt in der Zukunft, die Ansätze strukturierter Konzepte auf die seltenen Krankheiten zu übertragen und ein stabiles Gerüst für die Versorgung zu bilden. Das Modellvorhaben Genomsequenzierung, das 2022 beginnen wird, ist hierfür ein erster guter Anknüpfungspunkt.

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Kernbotschaften

aus dem Beitrag mit
Prof. Dr. Dr. Christian Dierks

Fokussierung auf seltene Krankheiten

Nach der intensiven Fokussierung auf Krebs und Herzkrankheiten besteht Nachholbedarf für die Patienten mit seltenen Krankheiten, der auch in der öffentlichen Wahrnehmung, der Strukturierung des Gesundheitssystems und der Finanzierung seine Abbildung finden muss.
Die Versorgung der Patienten mit seltenen Krankheiten ist in Deutschland bislang unzureichend strukturiert und hat noch immer viele Lücken.

Modellvorhaben Genomsequenzierung

Das Modellvorhaben Genomsequenzierung ist ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen bei seltenen Krankheiten, der dazu beitragen kann, dass kooperative diagnostische und therapeutische Entscheidungen unter Hinzuziehung genetischer Daten gemeinsam mit dem Patienten getroffen werden können.

Interdisziplinäre Beratung

Um Patienten mit seltenen Krankheiten nach der Diagnose auch die Therapie zu ermöglichen, wird eine interdisziplinäre Beratung benötigt. Dies sollte mit einem fachübergreifenden, soweit geboten und möglichst auch virtuellen Konzept einhergehen.

Holistisches Versorgungskonzept

Wir müssen gemeinsam mit Herstellern und Krankenkassen erörtern, wie sich die Lücken bei besonderen Versorgungsleistungen, beispielsweise der Enzymersatztherapie, durch neue Versorgungskonzepte schließen lassen. Es wird ein holistisches Konzept benötigt, das nicht nur die Verordnung der Arzneimittel beinhaltet, sondern auch die Koordination aller Leistungen, die für den Patienten erbracht werden sollen.