ACCESS – ökonomische Grenzen und Gerechtigkeit

Aus der Perspektive des Rechts

Rechtliche Rahmenbedingungen: der Anspruch des Patienten

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dr. Christian Dierks

Prof. Dr. Dr. Christian Dierks ist Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht, Facharzt für Allgemeinmedizin und Professor für Gesundheitssystemforschung an der Charité Berlin. In dem change4RARE-Beitrag beleuchten wir mit ihm das Thema ACCESS – ökonomischen Grenzen und Gerechtigkeit bei der Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten aus der rechtlichen Perspektive. Hierbei untersucht er die Verordnung dieser Arzneimittel in der rechtlichen Beziehung zwischen Patient, Arzt und Krankenkasse. Seine Einschätzung hierzu:

„Die Kosten einer Arzneimitteltherapie sind ein nachrangiges Kriterium bei der Auswahl; an erster Stelle steht die Indikation.“

Die Gesetzliche Krankenversicherung ist als Pflichtversicherung ausgestaltet. Als Gegenleistung für die Versicherungspflicht und die Prämienzahlung erwirbt der Versicherte einen Anspruch auf Behandlung. Dieser wird durch die Leistungserbringer, z. B. die Vertragsärzte erfüllt. Sie sind verpflichtet, Leistungen entsprechend dem Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des Fortschritts zu erbringen oder zu veranlassen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet dabei, unter den therapeutisch gleichwertigen Alternativen die wirtschaftlichste auszuwählen. Dies gilt auch für die Therapie mit (teils hochpreisigen) Arzneimitteln für seltene Krankheiten. Hier fehlt es jedoch meist an therapeutischen Alternativen.

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Kernbotschaften

aus dem Interview mit
Prof. Dr. Dr. Christian Dierks

Zielsetzung

Die Förderung der Entwicklung und Anwendung von Orphan Drugs ist eine weltweit anerkannte gesellschaftliche Zielsetzung. Wir stehen gemeinsam in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der daraus erzielte medizinische Fortschritt den Patienten auch erreicht.

Kostenaspekte

Kostenaspekte sind primär ein Thema der Verhandlungen auf Bundesebene. Die Monetarisierung des medizinischen Nutzens und die Berücksichtigung der Kostenentwicklung (budget impact) ist keine Aufgabe der Vertragsärzte.

Anspruch der Patienten

Der Patient hat einen zivil- und sozialrechtlichen Anspruch auf die Verordnung existierender Therapien, die dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung des Fortschritts entsprechen. Die Verpflichtung zur Einhaltung des haftungsrechtlichen Standards gilt auch im Sozialrecht, sie darf auch bei einem Kassenpatienten nicht unterschritten werden.

Wirtschaftlichkeitsgebot

Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet die Auswahl des preisgünstigeren Arzneimittels, wenn therapeutisch gleichwertige Alternativen existieren. Ist eine Therapie indiziert und alternativlos, darf sie nicht aus Kostengründen verweigert werden. Ein Arzt kann sich hierzu auch als Anwalt seines Patienten sehen, und sich in dessen Interesse für eine dem Stand der Erkenntnisse entsprechende Arzneimittelverordnung einsetzen.