ACCESS – ökonomische Grenzen und Gerechtigkeit

Aus der Perspektive der Patienten

Der Umgang mit seltenen Krankheiten aus der Patientenperspektive

Ein Interview mit Dr. Ruth Hecker

Dr. Ruth Hecker ist Vorsitzende des “Aktionsbündnis Patientensicherheit” und stellvertretende Vorsitzende des Vision Zero e. V. Sie ist seit 10 Jahren verantwortlich für die Leitung des Zentralbereichs Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement an der Universitätsklinik Essen und seit 2019 Chief Patient Safety Officer. Die Expertin Dr. Ruth Hecker stellt sich den Fragen zu den Kosten und wie Patienten und Ärzte damit umgehen oder umgehen sollten. Ihr Kommentar:

„Die Gesellschaft sollte dem Patienten Mut machen, sich nicht zurückzunehmen und sein Recht auf teure Arzneimittel zu vertreten.“

Die meisten Patienten mit seltenen Krankheiten warten viele Jahre auf die richtige Diagnose, um dann zu erfahren, dass es für sie keine Therapie gibt. In den vergangenen Jahren sind jedoch therapeutische Optionen für einige dieser Krankheiten entstanden, die allerdings oft mit hohen Kosten verbunden sind. Dies bringt zwei Herausforderungen mit sich: Zum einen haben viele Patienten ein schlechtes Gewissen, die Solidargemeinschaft mit derart hohen Kosten zu belasten, zum anderen sind viele Ärzte zurückhaltend bei der Verordnung. Die Expertin stellt sich den Fragen zu den Kosten und wie Patienten und Ärzte damit umgehen oder umgehen sollten.

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Kernbotschaften

aus dem Interview mit
Dr. Ruth Hecker

Aufklärung der Patienten

Die Aufklärung der Patienten bei Verordnung von neuen Medikamenten ist wichtig, um frühzeitig vermeidbare, unerwünschte Risiken zu erkennen und diesen zu begegnen. Die Patienten sind bereits chronisch krank, daher sollten sie bei der Einnahme von neuen Medikamenten kein unnötiges Risiko eingehen.

Anreize für die Entwicklung von Orphan Drugs

Die Entwicklung von neuen Arzneimitteln beginnt mit Studien. Viele Studien werden wegen bürokratischer Hürden aktuell im nichteuropäischen Ausland durchgeführt. Um Anreize für die Entwicklung von Orphan Drugs zu schaffen, sollten Studien in Deutschland entbürokratisiert werden.

Recht auf Therapie

Der Patient hat ein Recht auf Therapie und sollte sich durch hohe Kosten nicht von seinem Anspruch abbringen lassen. Die Gesellschaft muss dem Patienten Mut machen, sein Anrecht auf das Medikament auch anzunehmen und einzufordern.

Sollte seitens des behandelnden Arztes eine Therapie trotz Nachfrage nicht gewährt werden, sollten sich Patienten und Angehörige zum Beispiel über die Ambulanz einer Uniklinik oder eines Maximalversorgers eine Zweitmeinung einholen. Auch gibt es Netzwerke, die den Austausch mit anderen Betroffenen fördern.

Dilemma in der Versorgung

Das Dilemma zwischen Sicherheitskultur, Ethik, Moral, Patientenversorgung und Ökonomie hat sich in Bezug auf die Versorgung mit Orphan Drugs in den letzten Jahren verstärkt. Hierauf müssen die angehenden Ärzte und Ärztinnen schon im Studium gut vorbereitet werden, um später die beste Versorgung für den Patienten zu gewährleisten.

Informationszugang

Um die Komplexität des Systems zu reduzieren und die Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten zu verbessern, muss es mehr Transparenz und Aufklärung geben. Die Patienten und Angehörigen benötigen Plattformen mit zuverlässigen Informationen, die Healthcare Professionals brauchen Möglichkeiten, sich über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. Zudem fehlt aktuell eine internationale Plattform, die Risiken und unerwünschte Arzneimittelreaktionen zentral erfasst.