RESEARCH – vom Suchen und Finden

Aus der Perspektive der Kinder- und Jugendmedizin

Jedes Kind hat das Recht auf eine Behandlung

Ein Beitrag von Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin

Professor Dr. Klaus-Michael Debatin ist Ärztlicher Direktor der Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm. Zuvor war er Vizepräsident und Dekan der Universität Ulm sowie leitender ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Ulm. Seit 2015 ist Klaus-Michael Debatin Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZSE) am Universitätsklinikum Ulm. Seine Schwerpunkte liegen in der pädiatrischen Hämatologie, der Onkologie und Immunologie. Der Forschungsschwerpunkt von Klaus-Michael Debatin liegt auf molekularen Mechanismen, die Zelltod induzieren, u.a. mit dem Ziel, Erkenntnisse über Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen nutzbar zu machen. Debatin war 1989 eine der Schlüsselfiguren bei der Charakterisierung des Todesrezeptors CD95 und zeigte erstmals das Auslösen von Apoptose durch Aktivierung einer physiologischen Signalkaskade in Leukämien. Weiterhin beschäftigt er sich mit Störungen des Immunsystems, die u.a. auch mit Störungen in Zelltodmechanismen vergesellschaftet sind.

„Das Kind hat das Recht auf eine Behandlung. Für Eltern ist das Kind auch nicht Eigentum oder Besitz, sondern Eltern handeln an Kindes statt. Das ist ethisch und juristisch wichtig zu wissen.“

Mit seiner Arbeitsgruppe hat er wesentliche Beiträge zur Aufklärung von Störungen der Immundefizienz, der Immunantwort gegen Infektionen sowie zum molekularen Verständnis von Störungen in der Entwicklung des Fettgewebes geleistet. Des Weiteren setzt sich Prof. Debatin für die Etablierung des standortübergreifenden Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendgesundheit ein, wobei Ulm zu einem der sieben ausgewählten Standorte zählt. Professor Debatin gibt uns einen umfassenden Einblick in die Kinder- und Jugendmedizin mit Fokus auf seltene Erkrankungen und beschreibt unter anderem die ethischen Herausforderungen, die bei einwilligungsunfähigen Patienten auftreten.

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Kernbotschaften

aus dem Beitrag von
Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin

Bedeutung der personalisierten Medizin

Der Einfluss genetischer Veränderungen hinsichtlich des Auftretens oder Nicht-Auftretens bestimmter Erkrankungen spielt eine bedeutende Rolle. Vor dem Hintergrund der sinkenden Kosten entsprechender Sequenzierungen werden wir in den nächsten Jahren den Patienten mit einer unklaren Erkrankung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine genetische Analyse zur Verfügung stellen und im besten Fall zielgerichtete Therapien ableiten können.

Die Seltenheit der seltenen Erkrankungen als besondere Herausforderung

Per Definitionen gilt eine Krankheit dann als seltene Erkrankung, wenn weniger als fünf von 10.000 Personen betroffen sind. Bereits hier gilt es als Herausforderung, Wissen zu diesen Erkrankungen zu generieren. Doch gibt es Erkrankungen, bei der die Inzidenz bei eins zu einer Million liegt. Hier kommt dem Zusammenschluss von Arbeitsgruppen und der Definition von Kohorten eine besondere Bedeutung zu, um beispielsweise genetische Ursachen zu identifizieren.

Bestehender Forschungsbedarf bei Kindern und Jugendlichen

Hinsichtlich der Kinder- und Jugendmedizin besteht spezifischer Forschungsbedarf, der sich auf den Entwicklungskontext fokussiert. Unter anderem weicht die Dosierung von Medikamenten bei Kindern oder Jugendlichen von denen, die bei Erwachsenen eingesetzt werden, häufig ab. Zudem stellt sich die Entwicklung von Krankheiten bei Kindern oftmals anders dar als eine solche bei Erwachsenen. Aus diesem Grund werden auch in der Kinder- und Jugendforschung eine Zusammenarbeit von Experten sowie ein Aufbau von Registern benötigt, um Erfahrungen zur Behandlung einer Vielzahl von pädiatrischen Patienten zu sammeln und die gewonnenen Erkenntnisse am Ende bei den Patienten einzusetzen.

Herausforderungen bei Kindern, den einwilligungsunfähigen Patienten

Kinder haben das Recht auf eine Behandlung, doch müssen Eltern für ihre Kinder hier handeln, wie beispielweise eine Einwilligung zur Behandlung geben. Teils sind Behandlungen mit einschneidenden Maßnahmen verbunden, die es im Rahmen der Familie abzuwägen gilt. Wird das Familien-Setting gestört, sind entscheidende Maßnahmen nicht umsetzbar. Besteht jedoch eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs, lässt sich bei Wunsch des Kindes oder Jugendlichen eine Behandlung gerichtlich oftmals durchsetzen.