DATA – gläserner Patient oder endlich Durchblick?

Aus der Perspektive der Ethik

Ethik und Datenschutz in der Forschung

Ein Beitrag von Prof. Dr. Christiane Woopen

Prof. Dr. Christiane Woopen ist geschäftsführende Direktorin von ceres an der Universität zu Köln, Professorin für Ethik und Theorie der Medizin und Leiterin der Forschungsstelle Ethik. Seit 2017 ist sie Vorsitzende des die Europäische Kommission beratenden Europäischen Ethikrates. Sie war von April 2012 bis April 2016 Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, von 2014 bis 2016 Präsidentin des 11th Global Summit of National Ethics/Bioethics Committees, Mitglied im International Bioethics Committee der UNESCO und Co-Sprecherin der Datenethikkommission der Bundesregierung. Christiane Woopen ist Mitglied der Academia Europaea und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. 2017 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Die Expertin gibt in ihrem Interview Einblicke in dieses Spannungsfeld verschiedener Interessen:

„Es ist sinnvoll, Daten aus der Gesundheitsversorgung für Forschungszwecke zu nutzen, denn so erlangen wir besseren Einblick in Therapie, Diagnostik, Prävention und auch eine effizientere Forschung. Gleichzeitig muss jedoch auch der Schutz der Patientendaten sichergestellt werden.“

Mit der in den vergangenen Jahren aufgekommenen Diskussion um die Datenspende, heute eher „Datenfreigabe“, ist die interessante Projektion einer gemeinnützigen Datenethik entwickelt und auch vom Ethikrat zum Gegenstand eines öffentlichen Dialogs gemacht worden. Es wird diskutiert, ob Patienten aus moralischen Gründen verpflichtet sind, ihre Daten im Gegenzug für die Leistungen, die sie solidarisch finanziert in Anspruch nehmen, freizugeben. Gleichwohl, eine Voraussetzung für die Kostenübernahme darf das nicht sein. Die absolute Freiwilligkeit der Datenfreigabe muss erhalten bleiben.

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Kernbotschaften

aus dem Interview mit
Prof. Dr. Christiane Woopen

Datennutzung

Die Gesellschaft kann von Patienten, die Leistungen aus der Solidarversorgung beanspruchen, in moralisch begründeter Weise erwarten, dass sie ihre Daten für Forschungszwecke zur Verfügung stellen. Gleichzeitig muss jedoch auch der Schutz der Patientendaten sichergestellt werden. Flankierend hat sich die Datenethikkommission für spezifische Verwertungsverbote ausgesprochen, sodass die Grenzen der Datennutzung klar sind.

Meta-Consent

Eine informierte Einwilligung zu jedem Forschungsvorhaben ist unpraktikabel. Ein Meta-Consent, durch den der Patient einwilligt, auf welche Daten wer, zu welchen Zwecken zugreifen darf, ist eine Möglichkeit, die Präferenzen der Patienten zu berücksichtigen und gleichzeitig einen Zugang zu Daten für die Forschung und Entwicklung sicherzustellen. Dieses Einwilligungsmodell könnte unter der Voraussetzung, dass sich der Patient über die Nutzung seiner Daten informieren kann, bereits in der elektronischen Patientenakte (ePA) hinterlegt werden.

Governance System

Datentreuhandmodelle werden in Deutschland als Governance System aktuell noch unterschätzt. Die Ethikkommission hat klare Anforderungen formuliert, die an eine Treuhandschaft geknüpft ist – wer darf dies machen, auf welche Art und Weise, welche Interesse dürfen damit verbunden sein und welche nicht.

Edge Computing

Edge Computing ist eine weitere Möglichkeit, gerade auch bei internationalen Forschungsvorhaben Datenschutz mit einem hohen Standard zu verwirklichen: So kann ein Algorithmus in unterschiedlichen Datensilos zum Einsatz gebracht werden und lernen, insbesondere auch zur Diagnostik seltener Krankheiten.