CARE – zwischen Anspruch und Realität

Aus der Perspektive der Patientenvertretung

Was wünscht sich der Patient als adäquate Versorgung?

Ein Interview mit Joachim Sproß

Joachim Sproß ist Bundesgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM). Seine Schwerpunkte sind die Versorgung von multimorbiden Patienten und die Förderung der Forschungsaktivitäten bei seltenen Erkrankungen. Der Experte stellt klare Forderungen an die Verbesserung der Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten:

„Betroffene und ihre Familien wünschen sich, von der Digitalisierung zu profitieren, sie erwarten hier diagnoseübergreifende, datensichere und bedienungsfreundliche Systeme.“

Aufgrund der Seltenheit vieler Muskelerkrankungen bestehen große Herausforderungen: zu wenig Wissen, zu wenig Experten, zu wenig Therapien, zu wenig Forschung und der Weg bis zu der korrekten Diagnose ist lang. Durch die COVID-19 Pandemie litt die Qualität der Versorgung von Patienten mit seltenen Muskelkrankheiten zusätzlich, da wichtige Behandlungs-, Präventions-, Pflege- und Rehamaßnahmen, Untersuchungen und therapeutische Eingriffe nicht durchgeführt wurden. Wie kann vor diesem Hintergrund die Versorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten verbessert werden, was ist der Anspruch der Patienten an die Versorgung, und wie kann er patientenzentriert und flächendeckend umgesetzt werden?

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Kernbotschaften

aus dem Interview mit
Joachim Sproß

Herausforderungen neuromuskulärer Erkrankungen

Schwere multimorbide Krankheitsbilder, die bei Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen häufig sind, sind eine besondere Herausforderung und bedürfen interdisziplinären Konsultationen in den Behandlungszentren. Wegen der Seltenheit der Krankheiten sind die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der medizinischen Fachbereiche besonders wichtig. Das Ergebnis daraus muss eine passgenauere Versorgung mit koordinierten Prozessen sein, die auch wirtschaftliche Einsparungseffekte haben kann.

Digitale Angebote in der Versorgung

Bei der Digitalisierung der Versorgung sollte weniger auf Einzelinitiativen, sondern auf ein sektorübergreifendes Denken fokussiert werden, beispielsweise durch eine digitale Anwendung für den gesamten neuromuskulären Bereich. Eine solche übergreifende Applikation muss datensicher und inhaltlich abgestimmt sein sowie die Schnittstellen zu einem gesamtneuromuskulären Register und zu unterschiedlichen Behandlungsformen beinhalten. Diese digitale Versorgung ist möglich und sollte in der Konzeption schon jetzt begonnen werden, um die Versorgung von weniger mobilen Patienten durch digitale Angebote zu verbessern.

Modellprojekt DGM-Patientenlotsen

Um dem Bedarf nach interdisziplinärer Versorgung zu begegnen und dem Zeitaufwand zur Koordination der Vielzahl involvierter Personen Rechnung zu tragen, ist das Projekt „DGM-Patientenlotsen“ entstanden. Der Patientenlotse koordiniert den Kontakt zwischen Patienten und medizinischem Fachpersonal und übernimmt administrative und organisatorische Aufgaben. So kann sich das medizinische Personal besser auf die Versorgung der Patienten mit neuromuskulären Krankheiten konzentrieren. Das Projekt „Patientenlotsen“ sollte vom stationären Bereich in den ambulanten Bereich ausgeweitet und im SGB V verankert werden, um optimale Synergieeffekte zwischen Hausärzten und Lotsen auch in der Regelversorgung zu generieren.

Awareness und Kommunikation

Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt der DGM ist die Kommunikationsarbeit, insbesondere zur wirtschaftlichen Förderung der Forschung und der Verbreitung von Fachwissen. Die interdisziplinäre Versorgung ist ein nicht ausreichend finanzierter Leistungsbereich, worunter insbesondere die medizinische Versorgung der Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen leidet. Die Unterstützung engagierter Wissenschaftler ist daher von großer Bedeutung und wird durch Kommunikationsplattformen für Experten, Mediziner und Wissenschaftler, wie beispielsweise den Kongress des Medizinisch-Wissenschaftlichen Beirates der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V., umgesetzt.